Robert GuédiguianFrankreich 2008 / 102 min
Nur ein Tattoo am linken Unterarm erinnert noch an Muriels Vergangenheit. Heute würde niemand mehr die Besitzerin einer kleinen Nobelboutique im pitoresken Aix-en-Provence mit bewaffneten Raubüberfällen, Mord und Gefängnis in Verbindung bringen. Als Muriel von der Entführung ihres Sohnes erfährt, nimmt sie nach Jahren wieder Kontakt mit ihren ehemaligen Komplizen auf. François und Réne haben sich mittlerweile ebenfalls neue Existenzen aufgebaut: der eine ist Familienvater und hat eine Bootswerkstatt, der andere ist Geschäftsführer eines Nachtclubs. Nach kurzem Zögern beschließen die drei, die Sache in die Hand zu nehmen. Doch die Befreiung von Muriels Sohn und der Traum von einem Revival des Trios zerplatzt. Ein Spaziergang durch das alte Viertel führt vor Augen, dass „ihre Zeit“ unwiderbringlich vorüber ist, niemand erinnert sich an ihre Geschichten, und Henri, der Gangsterboss liegt apathisch vor dem Fernsehapparat.
Mit Lady Jane ist Robert Guediguian ein spannend inszenierter Film noir gelungen. Seine Figuren sind in einem Netz aus Rache, Lügen und Schuld gefangen, aus dem sie nicht entkommen können. Das Drama einer enttäuschenden Gegenwart, die niemals an die glorifizierte Jugend mit ihren hedonistischen Exzessen herankommen kann, nährt den Wunsch nach Rückkehr in die Unbeschwertheit, als die Nächte noch sorglos durchtanzt werden konnten. Doch eine Rückkehr ist unmöglich, denn nur die Toten bleiben immer jung.
Katharina Meißnitzer