Tina LeischÖsterreich 2009 / 90 min
Kind des Roten Wiens, als Jugendliche politische Aktivistin, als junge Frau im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, mit Mutter, Bruder und GenossInnen verhaftet und nach Ravensbrück deportiert: Hilde Zimmermann war ihr Leben lang auf der Suche nach einem "liebevollen Weg" zum Sozialismus.
Das filmische Portrait von Tina Leisch montiert Interviews, die Brigitte Halbmayr 1999 für das "Videoarchiv Ravensbrück" mit Hilde Zimmermann geführt hat mit Erinnerungen ihrer MitstreiterInnen und Weggefährten.
„Dagegen muss ich etwas tun.“ Den Satz, der später zum Titel von Tina Leischs filmischem Portrait der Widerstandskämpferin Hilde Zimmermann werden sollte, äußert die Protagonistin eher beiläufig und unvermittelt, während sie der Interviewerin ein Foto aus den frühen Vierzigerjahren erklärt. Das Foto zeigt russische Kriegsgefangene, die gerade von Soldaten der Wehrmacht abgeführt werden. Unter den Gefangenen befindet sich eine Frau in Zivilkleidung. Ihr gilt Zimmermanns Aufmerksamkeit: Von ihrem Bruder habe sie damals bereits gehört, dass die Deutschen, wenn sie Partisanen erwischen, auch die Frauen aufhängen. „So wie die Frau geht…“, sagt Hilde Zimmermann noch, dann fällt die titelgebende Äußerung.
Es gehörte schon immer zu den Stärken der als Oral History bekannten historiographischen Methode, dass sie die performativen Aspekte der Situation, in der jemand sich erinnert, ebenso aufzeichnet wie das Erinnerte selbst. Auf diese Weise entsteht ein Bild der Vergangenheit, das das Bild der Zeugin – anders als bei Zeugenaussagen vor Gericht oder in gewöhnlichen Interviewsituationen üblich – gerade einschließt. Diesen Umstand macht Dagegen muss ich etwas tun sich zunutze: Die Interviews, die Brigitte Halbmayr vor zehn Jahren für das „Videoarchiv Ravensbrück“ mit Hilde Zimmermann geführt hat, ergänzt Tina Leisch um Gespräche mit dem Ehemann, dem Bruder, der besten Freundin. Das Resultat ist ein Film, der über die Erzählung der für die zeitgeschichtliche Forschung relevanten Stationen – Kind des roten Wien, als Jugendliche politische Aktivistin, als junge Frau im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, mit Mutter, Bruder und Freundin verhaftet und nach Ravensbrück deportiert – das Portrait einer Frau modelliert, deren Leben zugleich exemplarisch und einzigartig war. Diese Balance zu erzeugen und zu halten, darin besteht die große Leistung von Tina Leischs Film. Vrääth Öhner