Wir zeigen am Dienstag, 7. November 2023 um 18 Uhr in Kooperation mit der Secession das von Medienkünstler Mykola Ridnyi kuratierte Filmprogramm Talking About Myself? Talking About You mit Werken der ukrainischen Filmemacher*innen Kateryna Vishneva, Open Group, Sashko Protyah, Dasha Chechushkova und Kamila Yanar, mit einem anschließenden Q&A mit Mykola Ridnyi. Die Werke von Mykola Ridnyi sind noch bis 12.11. in der Secession zu sehen.
Im Kontext des Krieges wird die Vorstellung von menschlicher Erfahrung identisch mit der von Trauma. Das kollektive Trauma, so heißt es dann üblicherweise, setzt sich aus persönlichen Geschichten zusammen. Aber funktioniert das wirklich so, wie es sich anhört? Die mediale Darstellung des Krieges kann die Erinnerung an das, was man mit eigenen Augen gesehen hat, verdrängen. Es sind die dramatischen und tragischen, vor allem aber die visuell eindrucksvollen Bilder von Explosionen, Ruinen und getöteten Menschen, die eine kanonische Dokumentationsweise von Krieg als Katastrophe schaffen. Oft macht diese kollektive Katastrophe persönliche Schicksalsschläge unsichtbar und ununterscheidbar.
Das Filmprogramm Talking about Myself? Talking about You, das im Frühjahr als Videoausstellung in der Galerie Voloshyn in Kiew zu sehen war und in der daadgalerie in Berlin gezeigt wurde, ist der Versuch, den Prozess des Performens von Traumata als künstlerische Methode darzustellen. Anstatt den Krieg zu dokumentieren, setzen die in der Auswahl gezeigten Künstler*innen performative Handlungen ein, um über ihre eigenen Erfahrungen oder die Erfahrungen ihrer Freund*innen und Bekannten nachzudenken. Diese Aktionen sind kein der Realität hinzugefügter journalistischer Kommentar; sie sind Teil dieser Realität, eine Möglichkeit, sie zu ertragen, und ein alternatives historisches Dokument für später. Das Koordinatensystem, innerhalb dessen Krieg erlebt wird, besteht aus Zeit und Raum. Krieg spaltet Gebiete und Beziehungen. Dieser besondere Krieg hat außerdem unsere Zeit in vor dem 24. Februar 2022 und danach gespalten. Er hat die Zukunft (im Sinne von Planung und Logistik) geschoben und die Vergangenheit (im Sinne von Werten und Prioritäten) ausgelöscht. Bleibt in dieser Situation noch Raum für persönliche Gefühle? Können sie gehört werden, wenn sie mit der kollektiven Erfahrung nicht im Einklang sind? Das Trauma zu performen bedeutet oft, es noch einmal zu erleben, die Erfahrung zu wiederholen, was die*den Künstler*in verletzen und bei den Zuschauer*innen Schockzustände auslösen kann. Aber besteht nicht gerade darin die Möglichkeit, den Schmerz zu überwinden, den ein Mensch in sich trägt und vergeblich zu unterdrücken versucht?
Filme:
Kamila Yanar
WEATHER FORECAST
2022
9 Minuten
Kateryna Vishneva
UNTITLED
2022
3 Minuten
Dasha Chechushkova
INTERMEZZO
2023
17 Minuten
Sashko Protyah
MY FAVORITE JOB
2022
31 Minuten
Open Group (Yuriy Biley, Pavlo Kovach, Anton Varga)
REPEAT AFTER ME
2022
17 Minuten
Alle Filme sind auf Ukrainisch und mit englischen Untertiteln. Das Gespräch im Anschluss findet auf Englisch statt.
Filmprogramm
Talking About Myself? Talking About You
Kuratiert von Mykola Ridnyi
Dienstag, 7. November 2023, 18 Uhr
In Kooperation mit der Secession Wien