Christoph Schlingensief, Beatrice HaslerBRD 1986 / 84 min
Tilda Swinton und Udo Kier im ewigen Eis. Gedreht auf einer Hallig in der Nordsee. Wetterchaos. Liebesdrama Swinton/Schlingensief. Musik von Tom Dokupil und natürlich kein Geld.
Auf einer trostlosen Ostseeinsel herrscht der unheimliche, vampirähnliche Baron Tante Teufel. Wo früher Friede und Freude das Leben der Inselbewohner bestimmte, walten nun Hoffnungslosigkeit und Zwietracht. Als plötzlich eine wahre Liebe die Tristesse seiner Insel "bedroht", dreht der Baron durch...
Früher lebten die Menschen auf der trostlosen Insel in der Ostsee in Frieden und Partylaune, doch nun hat Zwietracht und Hoffnungslosigkeit Besitz von der Gesellschaft ergriffen. Der Herrscher des winterlich verwehten Eilands ist der verdächtig an einen Vampirgraf erinnernde Baron Tante Teufel, dem schon einige junge Mädchen zum Opfer gefallen sind. Als plötzlich wahre Liebe die Eiseskälte zu brechen droht, sieht der wahnsinnige Blaublütler buchstäblich rot. Um die Liebe im Keim zu ersticken, scheut er vor nichts zurück...
In »Egomania« scheint die Harmonie in der Welt zerbrochen, alle Hoffnung gescheitert. Wüst ist das Land, und die See geht hoch. Schlingensiefs wahn-haft dunkle Insel ohne Hoffnung ist ein Dorado für Schimmel- reiter. Schlingensief sagt: »Handle, wie dir dein Dämon vorschreibt.« Und wir hören Schiller: »Gehorcht dem Dämon, der Euch sinnlos wütend treibt.« Er zeigt drei schwarzvermummte Frauen, die wie verzweifelteTiere die Leiche eines Märtyrers ins Eis schleppen, und wir denken an die Hexen aus »Macbeth«. Natürlich treiben auch Schlingensiefs Eisschollen nicht vom Ozean, sondern von Caspar David Friedrich auf uns zu, und als wir auf einer Schrifttafel in schwarzen Lettern lasen »Ein Schiff wird kommen« war die Frage nur, in welcher Variante der »Holländer«-Mythos erscheinen wird. Schließlich klebte eine fliegende Holländerin am segellosen Mast einer elenden Rostschüssel. Durch dieses Chaos der schiefen Zitate, unterstützt von dröhnenden Geräuschen aus der Punkzeit taumelt Schlingensief dem Ende der Illusion entgegen. Rette sich, wer kann, vor gebildeten Exegeten. Denn erst auf der Flucht vor den Zitaten findet man in die Bewegung des Films, in dein alles zu Ende geht. Noch spannender wird sein, was auf das Pathos dieser letzten Vorstellung folgt. (Helmut Schödel in: DIE ZEIT)