Marko Feingold, geboren 1913, wuchs in der Wiener Leopoldstadt auf.
Nach einer Lehre tingelte er mit seinem Bruder Ernst als Vertreter durch Italien. 1938 wurde er anlässlich eines Aufenthalts in Wien kurz nach dem Anschluss Österreichs von den Nazis verhaftet. Er überlebte die KZ Auschwitz, Neuengamme, Dachau und Buchenwald, wo er bis zur Befreiung 1945 interniert war. Nach dem Krieg wurde er zum Fluchthelfer für zehntausende ehemalige KZ Gefangene, die er von Österreich über die Alpen nach Italien und weiter nach Palästina schleuste. Er ist der älteste Jude Österreichs, Präsident der Jüdischen Kultusgemeinde der Stadt Salzburg und bezeichnet sich selbst als nicht besonders religiös.
„Ein Jüdisches Leben“ portraitiert einen der letzten Zeitzeugen des Holocaust. Durch diesen Film soll Marko Feingolds Geschichte als unvergängliches Dokument erhalten bleiben. Zugleich werden auch aktuelle Entwicklungen beleuchtet und zeitlose Fragen aufgeworfen: Fragen zur menschlichen Natur – Moral, Verantwortung, zur Würde des Menschen – und deren Grenzen. Marko Feingolds Erlebnisse in der NS Diktatur bestimmten sein gesamtes Leben – die Wahrnehmung der eigenen Biographie, bis hin zur Wahrnehmung der Gegenwart.Wir begleiten Marko Feingold auf seiner Reise in die Vergangenheit, begeben uns gemeinsam auf eine Spurensuche und werfen so aktuelle Fragen auf, die ganz unweigerlich im Kopf der Zuseher- Innen entstehen. Er konfrontiert uns als Menschen mit den unmenschlichsten Ereignissen des 20. Jahrhunderts, mit dem tief verwurzelten Antisemitismus im Vorkriegs-Wien, den er bis heute fast täglich begegnet. So stellt sich die ewige Frage nach der Menschlichkeit an sich. Marko Feingolds Gefangenschaft in den Konzentrationslagern des NS – Regimes ist der Angelpunkt der Erzählung. Und doch bleibt der Film immer in der Gegenwart, reflektiert das historische Geschehen und führt zu den zentralen menschlichen Fragen. Von diesem Ausgangspunkt entfaltet sich die filmische Erzählung – unterstützt von bisher unveröffentlichtem, äußerst ungewöhnlichem Archivmaterial.
Nach „Ein Deutsches Leben“, der Geschichte von Joseph Goebbels Sekretärin, ein Perspektivwechsel, der einen ganz anderen Blick aufs 20.Jahrhundert zeigt – und doch unerwartete Parallelen zu Tage fördert.
Filminstitut
Villa Henriette
Die zwölfjährige Marie lebt gemeinsam mit ihrer Familie in einer ganz besonderen Villa. Das Haus besitzt nämlich ein gewisses Eigenleben und spricht sogar mit dem Mädchen. Ihre Großmutter, die allerlei witzige, aber leider völlig unbrauchbare Dinge erfindet, hat ihr letztes Geld in die Hände eines Betrügers gelegt, der ihr ganzes Geld klaut und sie damit zahlungsunfähig macht.
Mein Leben als Zucchini
Der neunjährige Zucchini steht auf einmal alleine da, als seine alkoholkranke Mutter, die ihn immer geschlagen hat, plötzlich stirbt. Er freundet sich mit dem Polizisten Raymond an, der ihn in sein neues Zuhause bringt – ein Heim mit anderen Kindern aus schwierigen Verhältnissen. Der Neuanfang dort fällt Zucchini nicht leicht. Anfangs wird er von dem frechen Simon gehänselt, doch mit der Zeit findet er Freundschaft und Verständnis. Schließlich verliebt er sich auch noch in den Neuzugang Camille.
Zu ebener Erde
Man sieht sie und gleichzeitig sieht man sie nicht: Wohnungslose Menschen sind oft unsichtbar für den Rest der Welt. In der dokumentarischen Langzeitbeobachtung ZU EBENER ERDE werden einige von ihnen aus nächster Nähe porträtiert und ihr nahezu ungeschütztes Leben auf den Straßen Wiens erfahrbar gemacht.
Navigator Film
La Pivellina
Im Winter steht Patrizias und Walters Wanderzirkus still und ihr Wohnmobil fix auf einem abgeschotteten Terrain am Stadtrand von Rom. Auf einem kurzen Rundgang entdeckt Patrizia ein zweijähriges Mädchen allein gelassen am Kinderspielplatz und nimmt sich ihrer an. Gemeinsam mit ihrem Mann und dem 14-jährigen Nachbarsjungen Tairo schafft sie der kleinen Asia ein zu Hause auf Zeit, einen winzigen und fragilen Raum der Geschütztheit in einer Randzone der Stadt wie der italienischen Gesellschaft, die selbst keinen Schutz der Öffentlichkeit kennt.La Pivellina ist ein mit Laiendarstellern realisierter Film, der von Courage erzählt und Vorurteile auf den Kopf stellt.
März
Neben Götz Spielmanns Revanche ist der erste Spielfilm von Händl Klaus, März, die schönste und wichtigste Kinoarbeit des heimischen Films in diesem Jahr. Und ähnlich wie Revanche, jedoch stilisierter und artifizieller, ist auch März ein Heimatfilm im allerbesten Sinne. Beruhend auf einer tatsächlichen Begebenheit – dem rätselhaften, gemeinsamen Selbstmord dreier Männer in Tirol vor wenigen Jahren – , erzählt der Regisseur eine Geschichte ohne Aufklärung, ein Nebenbei, eine Abwesenheit, eine Leerstelle. Gedreht im Tiroler Dialekt, teils mit Laien, an alltäglichen Orten, ist März ein Ineinander von Stilisierung und Realismus, von Gemachtem und Gefundenem, ein genauer, schmerzhafter Grenzgang eines außergewöhnlichen Kinos.
Die Entscheidung, die Figuren in einer radikalen Dialektversion sprechen zu lassen, war eine Rückkehr in eine Art «Ursuppe». Ich komme aus Tirol, lebe aber seit zwanzig Jahren nicht mehr dort. Wenn ich für das Theater schreibe, dann ist das eine stark stilisierte, rhythmisierte Kunstsprache. Aber hier war es ein Genuss, mit den verschütteten Ausdrücken umzugehen, mit denen ich aufgewachsen bin und für die man im Hochdeutschen längere Umschreibungen bräuchte. Der Dialekt bringt alles gleich auf den Punkt, und oft hat er eine eigentümliche Sinnlichkeit.
Händl Klaus
Unser täglich Brot
In geschlossenen Räumen, aseptisch wie eine Prozessoren-Fabrik, schlüpfen Küken, computerüberwacht. Ein riesiger Schlauch saugt Lachse aus einem Fjord. Metallene Zähne fressen sich durch chemisch termingerecht zum Verblühen gebrachte Sonnenblumenfelder. Im Sekundentakt und vollautomatisch werden Hühner zerteilt, Schweine von ihren Gedärmen befreit, nur für Rinder braucht sie etwas länger: die industrielle Nahrungsmittelerzeugung und High-Tech-Landwirtschaft.
Unser täglich Brot zeigt jene Orte, an denen in Europa Nahrungsmittel produziert werden: für Fahrzeuge optimierte, plastifizierte, surreale Landschaften; sterile Räume, in funktioneller, industrieller Architektur, für logistisch-effiziente Abläufe entwickelt; Maschinen, die kalkulierbare Produkte zum reibungslosen Ablauf benötigen. Was wie eine Welt des Science Fiction aussieht, ist Realität. Unsere Nahrung wird in futuristischen Räumen produziert, die selten in den Blickwinkel der Gesellschaft geraten. Für Menschen ist hier wenig Platz, sie wirken wie Fehler in diesem System, falsch dimensioniert, klein, verletzlich, auch wenn sie sich bestmöglich anpassen: hygienische Kleidung, Kopfhörer, Schutzhelme. Man findet sie an den Stellen im Produktionsablauf, für die noch nicht die richtigen Maschinen erfunden wurden. Wenn eine Arbeiterin Pause macht, um zu essen, erscheint das wie ein absurder Kontrast, verweist aber auf den eigentlichen Zweck der utopisch erscheinenden Produktionshallen.
Genau kadrierte Plansequenzen nehmen es mit der Effizienz des Systems auf, machen sie deutlich, stellen sie aus, nähern sich ihr mit einer Mischung aus Faszination und Schaudern. Unser täglich Brot zeigt die industrielle Nahrungsmittelproduktion als Spiegelbild unseres gesellschaftlichen Wertekanons: viel, einfach, schnell, wenige produzieren für uns alle. Kommentarlos und ohne erklärende Interviews entfaltet sich der Film auf der Leinwand wie ein irritierender Traum: ein insistierender Blick, begleitet vom Flirren, Rattern, Schlagen, Schlürfen, hydraulischen Atmen der Maschinen – nur Hühnergeschrei ist lauter. Unser täglich Brot ist eine Einladung an die Neugierde, den Dingen auf den Grund zu gehen; zum Schauen, Hören und Staunen, zum Assoziieren und Nachdenken über den gegenwärtigen Stand unserer Zivilisation. Erst wenn wir etwas wahrnehmen, können wir es auch glauben.