Nanouk LeopoldBelgien, Niederlande 2007 / 93 min
Konraad ist 83 Jahre alt, seine Frau ist verstorben. In einem Brief unterrichtet er alle näheren Familienmitglieder über seinen beabsichtigten Selbstmord. Allein seine Familie reagiert nicht. Die einzige Tochter möchte «das nicht diskutieren», und der Brief bleibt irgendwo liegen. Sie ruft ihren Vater auch nicht an. Ihre Tochter, also die Enkelin, agiert ähnlich: Auch sie will nicht darüber reden, auch sie meldet sich nicht bei ihrem Großvater. Und sie findet, dass sich jeder umbringen kann, wann er will, aber das mit dem Briefeschreiben sollte man sein lassen.In Wolfsbergen von der niederländischen Autorenfilmerin Nanouk Leopold bestimmt die allgemeine Mattigkeit der Protagonisten den ganzen Film, der langsam und lasziv Stimmungen zu eindringlichen Bildern komponiert. Dabei wird wenig gesprochen - die ganze Konzentration liegt auf dem Visuellen und hier auf den Innenräumen und der Körpersprache der Protagonisten; im Gegenschnitt sind kultivierte Baumlandschaften zu sehen. Dennoch fehlt dem Familiendrama alles Süßliche, Klebrige oder angestrengt Artifizielle, und das Umschiffen des Melodramatischen dürfte dem Minimalismus der Regisseurin geschuldet sein. Wie sie selbst erläutert, liebt sie Räume mehr als Gesichter. Wolfsbergen durchleuchtet präzise und mit hintergründigem Humor, wie sich wohlsituierte Menschen durch ihre Wohnungen bewegen, wie sie essen, sich waschen oder schlafen und irgendwann selbst dem Tod mit dem liebevollen Bügeln des Totenhemdes den Schrecken nehmen. (Ines Kappert)
Ich will nicht moralisieren mit diesem Film. Die Kamera ist keine Vertreterin der Anklage. Sie hält im Gegenteil einen gewissen Abstand, der es dem Zuschauer ermöglichen soll, über das Geschehen nachzudenken. Die Art, wie die Szenen arrangiert sind, zeigt, dass ich mich ganz auf die Handlungen meiner Figuren konzentriert und es ihnen überlassen habe, Stellung zueinander zu beziehen. Alle Personen müssen sich der gleichen existentiellen Frage stellen: Wieviel Erkenntnis über mich und mein Leben gestatte ich mir, und wie gehe ich damit um? (Nanouk Leopold)