Christoph Schlingensief, Udo KierBRD 1990 / 63 min
Im DEUTSCHEN KETTENSÄGENMASSAKER (1990) zeichnet Schlingensief die erste Stunde der Wiedervereinigung als ein nationales Schlachtfest nach. Die Nachricht von der Maueröffnung versetzt eine westdeutsche Metzgerfamilie in einen schier hemmungslosen Blutrausch. In einer verwahrlosten Hotelküche meuchelt sie ehemalige DDR-Bürger dahin.
Der Kommentator der Frankfurter Allgemeinen Zeitung meint zur Uraufführung: "Die chaotische Truppe parodiert mit nicht gerade feinsinnigen Mitteln die Hysterie der Horrorfilme, Motive aus Hitchcocks PSYCHO sind in grobschlächtigen Bildern nachgestellt. (...) Es ist eine chaotische Mischung aus Punk und Nonsens, die zu einem hämischen und gekonnt geschmacklosen Untergrundfilm angerührt wurde."
Das KETTENSÄGENMASSAKER ist eine kurzfristige Reaktion auf eine kurzfristige politische Entwicklung. Die rasenden Kamerafahrten, das im Hintergrund stets vernehmbare Geräusch einer Kettensäge und ihre effekthaschende Darbietung im konkreten Einsatz am Menschen, verwendet Schlingensief bewusst als Element des Trashs. Als solchen interpretiert der Film auch die deutsche Einheit, als bluttriefenden, kannibalistischen Akt der Einverleibung des Ostens durch den Westen.
Unter dem Titel "Von Menschen und Metzgern" schreibt Claudius Seidel im SPIEGEL: "Die Wut des Regisseurs treibt die Kettensägen an, seine Verzweiflung färbt die Bilder düster, und weil Schlingensief in seiner Raserei nicht zu bremsen ist, wird er manchmal auch zur Nervensäge. Der Mann ist ein Triebtäter, kein Theoretiker; er denkt in Bildern, nicht in Wörtern - und wer nach Symbolen und Metaphern sucht, wird sich an diesem Film verschlucken. Denn Schlingensief frisst die deutschen Bilder und Geschichten einfach in sich hinein, und folglich ist DAS DEUTSCHE KETTENSÄGENMASSAKER weniger das Ergebnis eines Reflexions-, eher eines Verdauungsprozesses."