Die Studentin Gbia ist schwanger und will abtreiben. Im Rumänien der 80er Jahre ein Schwerverbrechen. Dennoch will sie es wagen. Mit der Unterstützung ihrer Freundin Otilia findet sie den schmierigen Herrn Bebe, der den Abort vornehmen will und die Situation der beiden Frauen schamlos ausnutzt.
Visuell minimalistisch, erstaunt dieser Film durch seine Intensität. Im Rumänien der 1980er Jahre versucht sich die Studentin Gabita mithilfe ihrer Mitbewohnerin Otilia eine illegale Abtreibung zu bescha\en. Über das existentielle Verlangen nach diesem grundlegenden Recht hinaus zeigt der Film die Erfahrungen einer Frau in einer rohen, in jeder Hinsicht von Männern dominierten Welt, in der die Angst fest und spürbar verstrickt ist. Eine unglaublich eindringliche Erzählung über den Kampf um das Recht über den eigenen Körper, das Vertrauen und den Zusammenhalt zwischen Frauen. Der Atem hängt einem bei jeder Entscheidung und Bewegung der Darstellerinnen an der Lippe. „4 Months, 3 Weeks and 2 Days“ ist zweifellos einer der wichtigsten Filme des bisherigen 21. Jahrhunderts und wurde 2007 in Cannes mit der Palme d’Or ausgezeichnet. (Text: Kino und Krawall)
Koyaanisqatsi
Eine außergewöhnliche Dokumentation über den Eingriff des Menschen in die Natur – verpackt in ein einzigartiges Zusammenspiel von Bild und Ton.
1982 verschlug es 5.000 Menschen bei der Premiere von Koyaanisqatsi in einer New Yorker Konzerthalle die Sprache. Noch nie hatte man die Wucht menschengemachter Umweltzerstörung im ästhetischen Raster des anmutig Schönen gesehen. Die atmosphärische Musik von Philip Glass untermalt dabei genauso atemberaubende Zeitraffer von Wolken-Flüssen wie die Zeitlupen eines bedrohlichen Raketenstarts. Eben diese Gleichzeitigkeit von Zerstörung und Anmut verleiht dem Film seither Kultstatus als postmodernes Dokumentar-Epos. Und obwohl der Film ganz ohne Dialog auskommt, fragt er doch so laut: Wie wollen wir im Angesicht der Klimakrise leben, wenn nicht so? (Text: Kino und Krawall)
Black Cat, White Cat
Nie wieder wollte er einen Spielfilm drehen, doch dann besann sich der von der Kritikerschelte an seinem letzten Film UNDERGROUND entnervte Regisseur Emir Kusturica eines besseren: Aus einem Dokumentarfilmprojekt über das Leben von Zigeunern wurde SCHWARZE KATZE, WEISSER KATER, eine übermütige, an den Ufern der Donau angesiedelte Burleske und ein farbenprächtiges, von Thierry Arbogast (DAS FÜNFTE ELEMENT) mit wunderschönem Licht fotografiertes Fest der Lebensfreude. Der Film knüpft an Kusturicas TIME OF THE GYPSIES an und verbindet traditionelle Slapstick- und Screwball-Elemente mit der Western-Ästethik eines Sergio Leone. Das Ergebnis ist eine turbulente, mitunter schwarze Komödie aus dem „Wilden Osten“, eine von faszinierenden Typen (statt Stereotypen) bevölkerte Hommage an das alte Hollywood-Kino (CASABLANCA) und ein virtuoser Film über die Leichtigkeit des Seins, angesiedelt in einem nicht allzu fernen Armenhaus Europas, wo alle Welt mit D-Mark bezahlt und das Recht des Stärkeren gilt.
The Virgin Suicides
Eine Vorstadt bei Detroit, Mitte der 1970er-Jahre: Die Lisbons erziehen ihre fünf Töchter sehr streng. Als die jüngste einen Suizidversuch unternimmt, ziehen die katholischen Eltern einen Psychiater hinzu. Auf dessen Rat laden sie gleichaltrige Nachbarsjungs zu einer Party ein, in deren Verlauf sich Cecilia, 13, tatsächlich das Leben nimmt. In der Folge entgleiten die Mädchen ihren Eltern immer mehr. Nachdem Lux, 14, ihre Jungfräulichkeit an einen Highschool-Schwarm verloren hat, untersagen sie den Töchtern jeden außerhäuslichen Kontakt. Ihre Isolation hat dramatische Konsequenzen … Aus der retrospektiven Warte der einst verliebten Nachbarsjungs erzählt, gestalten sich deren Reminiszenzen an ein tragisches „Frühlingserwachen“ als melancholisches Requiem. Einer langen Tradition von Jugendtragödien folgend, arbeitet The Virgin Suicides einer Verklärung der Adoleszenz entgegen. Seinem farbenfrohen Pop-Appeal zum Trotz ist der Film von Anfang an unheildrohend und beklemmend und entführt sein Publikum in eine juvenile Parallelwelt, die ebenso magisch wie mysteriös ist. Sofia Coppolas stilsichere Inszenierung verleiht dem zeitgeistigen 90er-Jahre-Girlism perfekten filmischen Ausdruck. (Berlinale ’23)
Night on Earth
Fremde sind bei Jim Jarmusch quasi Stammkundschaft. Hier verfrachtet er sie in einen der intimsten Begegnungsräume überhaupt: Fünf Taxis in fünf Städten und einer Nacht machen den Zufall zur Geschichte, deren Davor und Danach nicht mit dem Ein- und Aussteigen endet, sondern im Kopfkino weiterrennt. Eine abenteuerliche, schräge, »unterhaltsame« Fahrt von Los Angeles nach Helsinki, von der Lust auf ein Leben, das man noch vor sich hat, bis zum existenziellen Totalverlust, über Umwege, gegen Einbahnen, nicht zufällig begleitet von Tom Waits. (Silvia Breuss)
Fallen Angels
Bereits seit 155 Tagen arbeitet der Berufskiller Wong Chi-Ming für seine Agentin. Die Geschäfte könnten nicht besser laufen, doch Wong beginnt, sich Fragen über den beruflichen Kodex zu stellen. Die Agentin kümmert sich um seine Termine, beseitigt die Spuren nach seinen Einsätzen und scheint sich ein bisschen zu viele Sorgen um seinen Lebenswandel zu machen. Der Killer aber muss weiter. Statt einer Kündigung oder eines Liebesbriefes hinterlässt er eine Münze mit einer Nachricht. Dann begibt er sich mit Blondie, die er irgendwo aufgegabelt hat, auf die Achterbahn der Exzesse.
Ursprünglich war FALLEN ANGELS als dritte Episode zu seinem Vorgängerfilm CHUNGKING EXPRESS (1994) geplant. Da Wong Kar-Wai jedoch schon mit den beiden Episoden aus Chungking Express einen Spielfilm füllen konnte, entschied er sich aus der dritten einen eigenständigen Film zu machen, einen dunklen Neo Noir-Thriller und ein experimentelles Drama, das vom Alleinsein erzählt.
Persepolis
Basierend auf den gleichnamigen Comicbüchern, erzählt die gebürtige Iranerin Marjane Satrapi ihre autofiktive Lebensgeschichte. Sie handelt von ihrer Heimat, den Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens und dem Aufeinaderprallen unterschiedlicher Kulturen. Eine unkonventionelle Verfilmung eines zeitgenössischen Comics, die durch ihre räumliche und inhaltliche Tiefe an Bedeutung gewinnt.
Marjane ist acht Jahre alt, als die Mullahs den Schah aus Persien vertreiben und die Macht übernehmen. Die Welt ist auf einmal eine andere, aber das rebellische Mädchen denkt gar nicht daran, sich den neuen strengen Regeln zu unterwerfen. Viel lieber entdeckt sie den Punk, ABBA, Iron Maiden und natürlich Jungs. Sie ahnt nicht, dass ihr spielerischer Protest gefährlich ist … nicht nur für sie selbst, sondern auch für ihre Familie. Ein unkonventioneller, spannender und zutiefst menschlicher Zeichentrickfilm für Erwachsene.
PERSEPOLIS erzählt eine der bewegendsten Geschichten unserer Zeit voller Hoffnung, Lebensfreude und Leidenschaft.
„Marjane Satrapi ist Hauptfigur, Regisseurin und Zeichnerin der gleichnamigen Comic-Vorlage.‘Marji’ wird 1969 im Iran geboren und wächst dort inmitten der kriegerischen Revolte gegenden Schah auf, die nur erneut durch eine fundamentalistische Gewaltherrschaft abgelöst wird. In kindlich-träumerischen und schwarz/weiß-sachlichen Bildern zeichnet Satrapi ihre eigeneGeschichte als Geschichte des Irans zwischen politischer Desillusionierung und hoffnungsvollem Aufbegehren nach. Als die Gewalt vor Ort ausufert, wird Marji von ihren Eltern nach Wien auf eine internationale Schule geschickt. Die dokumentarische Coming-of-Age Geschichte fragt danach, was Revolution in einer globalen Welt bedeuten kann und welche Rolle wir jeweils darin spielen können.“ (Text: Kino & Krawall)
Outside Noise
Herumtreiberinnen im eigenen Leben: Daniela, Mia und Natascha. Sie besuchen einander in wechselnden Städten; mal gehen sie spazieren in Wien, mal auf eine Party in Berlin. Sie unterhalten sich, rauchen, trinken, pendeln hin und her zwischen dem Wichtigen und dem Marginalen. „I really don’t know“, ist ein Satz der des Öfteren fällt. Seltsam leere Tage, an denen offen bleibt, ob der Ennui lockdownbedingt ist oder der Unentschlossenheit geschuldet. Fendt hat OUTSIDE NOISE in Kollaboration mit den Darsteller*innen konzipiert und an jener Grenze angesiedelt, an der ein narratives Konstrukt in die zufällige Montage von Alltagsbeobachtungen ausblutet. (Alexandra Seitz / Viennale 2022)
Beau Travail
Eine vergessene Einheit der Fremdenlegion, zurückgelassen irgendwo im Golf von Djibouti. Die Überreste einer geisterhaften bewaffneten Einheit, die Krieg spielt und Straßen repariert. Der ehemalige Offizier Galoup erinnert sich an die guten Zeiten und das geordnete Leben, und Die Liebe zu einem Vorgesetzten, den er nicht mit einem jungen Legionär teilen wollte.
BUENA VISTA SOCIAL CLUB
»Ich dachte, ich drehe einen Dokumentarfilm, dabei waren wir dabei, einem Märchen beizuwohnen, das sich niemand so hätte ausdenken können.« Wim Wendersbegleitet die Musiker des BUENA VISTA SOCIAL CLUB auf ihrem Weg aus der Vergessenheit hin zum Weltruhm: eine Liebeserklärung an die Musik und das Lebensgefühl, das sich seither auf Millionen von Zuschauern auf der ganzen Welt übertragen hat – und als bester Dokumentarfilm oscarnominiert wurde.“