Black Cat, White Cat


Nie wieder wollte er einen Spielfilm drehen, doch dann besann sich der von der Kritikerschelte an seinem letzten Film UNDERGROUND entnervte Regisseur Emir Kusturica eines besseren: Aus einem Dokumentarfilmprojekt über das Leben von Zigeunern wurde SCHWARZE KATZE, WEISSER KATER, eine übermütige, an den Ufern der Donau angesiedelte Burleske und ein farbenprächtiges, von Thierry Arbogast (DAS FÜNFTE ELEMENT) mit wunderschönem Licht fotografiertes Fest der Lebensfreude. Der Film knüpft an Kusturicas TIME OF THE GYPSIES an und verbindet traditionelle Slapstick- und Screwball-Elemente mit der Western-Ästethik eines Sergio Leone. Das Ergebnis ist eine turbulente, mitunter schwarze Komödie aus dem „Wilden Osten“, eine von faszinierenden Typen (statt Stereotypen) bevölkerte Hommage an das alte Hollywood-Kino (CASABLANCA) und ein virtuoser Film über die Leichtigkeit des Seins, angesiedelt in einem nicht allzu fernen Armenhaus Europas, wo alle Welt mit D-Mark bezahlt und das Recht des Stärkeren gilt.

The Virgin Suicides


Eine Vorstadt bei Detroit, Mitte der 1970er-Jahre: Die Lisbons erziehen ihre fünf Töchter sehr streng. Als die jüngste einen Suizidversuch unternimmt, ziehen die katholischen Eltern einen Psychiater hinzu. Auf dessen Rat laden sie gleichaltrige Nachbarsjungs zu einer Party ein, in deren Verlauf sich Cecilia, 13, tatsächlich das Leben nimmt. In der Folge entgleiten die Mädchen ihren Eltern immer mehr. Nachdem Lux, 14, ihre Jungfräulichkeit an einen Highschool-Schwarm verloren hat, untersagen sie den Töchtern jeden außerhäuslichen Kontakt. Ihre Isolation hat dramatische Konsequenzen … Aus der retrospektiven Warte der einst verliebten Nachbarsjungs erzählt, gestalten sich deren Reminiszenzen an ein tragisches „Frühlingserwachen“ als melancholisches Requiem. Einer langen Tradition von Jugendtragödien folgend, arbeitet The Virgin Suicides einer Verklärung der Adoleszenz entgegen. Seinem farbenfrohen Pop-Appeal zum Trotz ist der Film von Anfang an unheildrohend und beklemmend und entführt sein Publikum in eine juvenile Parallelwelt, die ebenso magisch wie mysteriös ist. Sofia Coppolas stilsichere Inszenierung verleiht dem zeitgeistigen 90er-Jahre-Girlism perfekten filmischen Ausdruck.
(Berlinale ’23)

Night on Earth


Fremde sind bei Jim Jarmusch quasi Stammkundschaft. Hier verfrachtet er sie in einen der intimsten Begegnungsräume überhaupt: Fünf Taxis in fünf Städten und einer Nacht machen den Zufall zur Geschichte, deren Davor und Danach nicht mit dem Ein- und Aussteigen endet, sondern im Kopfkino weiterrennt. Eine abenteuerliche, schräge, »unterhaltsame« Fahrt von Los Angeles nach Helsinki, von der Lust auf ein Leben, das man noch vor sich hat, bis zum existenziellen Totalverlust, über Umwege, gegen Einbahnen, nicht zufällig begleitet von Tom Waits. (Silvia Breuss)

Fallen Angels


Bereits seit 155 Tagen arbeitet der Berufskiller Wong Chi-Ming für seine Agentin. Die Geschäfte könnten nicht besser laufen, doch Wong beginnt, sich Fragen über den beruflichen Kodex zu stellen. Die Agentin kümmert sich um seine Termine, beseitigt die Spuren nach seinen Einsätzen und scheint sich ein bisschen zu viele Sorgen um seinen Lebenswandel zu machen. Der Killer aber muss weiter. Statt einer Kündigung oder eines Liebesbriefes hinterlässt er eine Münze mit einer Nachricht. Dann begibt er sich mit Blondie, die er irgendwo aufgegabelt hat, auf die Achterbahn der Exzesse.

Ursprünglich war FALLEN ANGELS als dritte Episode zu seinem Vorgängerfilm CHUNGKING EXPRESS (1994) geplant. Da Wong Kar-Wai jedoch schon mit den beiden Episoden aus Chungking Express einen Spielfilm füllen konnte, entschied er sich aus der dritten einen eigenständigen Film zu machen, einen dunklen Neo Noir-Thriller und ein experimentelles Drama, das vom Alleinsein erzählt.

Persepolis


Basierend auf den gleichnamigen Comicbüchern, erzählt die gebürtige Iranerin Marjane Satrapi ihre autofiktive Lebensgeschichte. Sie handelt von ihrer Heimat, den Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens und dem Aufeinaderprallen unterschiedlicher Kulturen. Eine unkonventionelle Verfilmung eines zeitgenössischen Comics, die durch ihre räumliche und inhaltliche Tiefe an Bedeutung gewinnt.

Marjane ist acht Jahre alt, als die Mullahs den Schah aus Persien vertreiben und die Macht übernehmen. Die Welt ist auf einmal eine andere, aber das rebellische Mädchen denkt gar nicht daran, sich den neuen strengen Regeln zu unterwerfen. Viel lieber entdeckt sie den Punk, ABBA, Iron Maiden und natürlich Jungs. Sie ahnt nicht, dass ihr spielerischer Protest gefährlich ist … nicht nur für sie selbst, sondern auch für ihre Familie. Ein unkonventioneller, spannender und zutiefst menschlicher Zeichentrickfilm für Erwachsene.

PERSEPOLIS erzählt eine der bewegendsten Geschichten unserer Zeit voller Hoffnung, Lebensfreude und Leidenschaft.

„Marjane Satrapi ist Hauptfigur, Regisseurin und Zeichnerin der gleichnamigen Comic-Vorlage.‘Marji’ wird 1969 im Iran geboren und wächst dort inmitten der kriegerischen Revolte gegenden Schah auf, die nur erneut durch eine fundamentalistische Gewaltherrschaft abgelöst wird. In kindlich-träumerischen und schwarz/weiß-sachlichen Bildern zeichnet Satrapi ihre eigeneGeschichte als Geschichte des Irans zwischen politischer Desillusionierung und hoffnungsvollem Aufbegehren nach. Als die Gewalt vor Ort ausufert, wird Marji von ihren Eltern nach Wien auf eine internationale Schule geschickt. Die dokumentarische Coming-of-Age Geschichte fragt danach, was Revolution in einer globalen Welt bedeuten kann und welche Rolle wir jeweils darin spielen können.“ (Text: Kino & Krawall)

Outside Noise


Herumtreiberinnen im eigenen Leben: Daniela, Mia und Natascha. Sie besuchen einander in wechselnden Städten; mal gehen sie spazieren in Wien, mal auf eine Party in Berlin. Sie unterhalten sich, rauchen, trinken, pendeln hin und her zwischen dem Wichtigen und dem Marginalen. „I really don’t know“, ist ein Satz der des Öfteren fällt. Seltsam leere Tage, an denen offen bleibt, ob der Ennui lockdownbedingt ist oder der Unentschlossenheit geschuldet. Fendt hat OUTSIDE NOISE in Kollaboration mit den Darsteller*innen konzipiert und an jener Grenze angesiedelt, an der ein narratives Konstrukt in die zufällige Montage von Alltagsbeobachtungen ausblutet. (Alexandra Seitz / Viennale 2022)

Beau Travail


Eine vergessene Einheit der Fremdenlegion, zurückgelassen irgendwo im Golf von Djibouti. Die Überreste einer geisterhaften bewaffneten Einheit, die Krieg spielt und Straßen repariert. Der ehemalige Offizier Galoup erinnert sich an die guten Zeiten und das geordnete Leben, und Die Liebe zu einem Vorgesetzten, den er nicht mit einem jungen Legionär teilen wollte.

BUENA VISTA SOCIAL CLUB


»Ich dachte, ich drehe einen Dokumentarfilm, dabei waren wir dabei, einem Märchen beizuwohnen, das sich niemand so hätte ausdenken können.« Wim Wendersbegleitet die Musiker des BUENA VISTA SOCIAL CLUB auf ihrem Weg aus der Vergessenheit hin zum Weltruhm: eine Liebeserklärung an die Musik und das Lebensgefühl, das sich seither auf Millionen von Zuschauern auf der ganzen Welt übertragen hat – und als bester Dokumentarfilm oscarnominiert wurde.“

Filmarchiv Austria

Rosetta


Die 18-jährige Rosetta (Emilie Dequenne) ringt wütend und verzweifelt um ihre Würde und ein ganz normales Leben. Sie wohnt mit ihrer alkoholkranken Mutter in einem Wohnwagen und zieht jeden Tag aufs neue in den Kampf: Sie muss Arbeit finden, um zu verhindern, dass ihre gesamte Existenz zerfällt. Rosetta legt ein irrsinniges Tempo vor, und die Handkamera hetzt ihr atemlos hinterher, um ihr nahe zu kommen. Doch Rosetta, die Kriegerin, bleibt verschlossen – und gnadenlos mit anderen und sich selbst.

Arsenal Berlin

L’enfant


Mit Betteln, Stehlen und Hehlerei schlägt sich Bruno (Jérémie Renier), ein jugendlicher Außenseiter durch – den ökonomischen Kreislauf hat er in einer Weise internalisiert, dass er seinen neugeborenen Sohn zu Geld macht und verkauft – schließlich kann man ja sofort ein neues Kind machen. Doch die Dardennes sind weder an einer moralischen Verurteilung noch an einer Anklage des Jungen interessiert, sondern heften sich mit der Handkamera an seine Fersen, protokollieren seine Ruhelosigkeit und die Flucht vor der Übernahme von Verantwortung, die seine erschütterte Freundin von ihm fordert. Das Erwachen eines moralischen Bewusstseins braucht jedoch seine Zeit.

Arsenal Berlin

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