Nicolas PhilibertFrankreich 2006 / 113 min
Dieser Film beruht auf einem anderen: jenem, den René Allio 1975/76 auf der Grundlage eines alten Chronikfalls aus der Normandie und eines Buchs von Michel Foucault gedreht hat: Moi, Pierre Rivière, ayant égorgé ma mère, ma soeur et mon frère ... Ich war damals 24 Jahre alt, und Allio hatte mir den Posten des ersten Regieassistenten angeboten. Dieser Film, der einige Kilometer entfernt von dem Ort gedreht wurde, wo 140 Jahre zuvor ein Bauernsohn einen dreifachen Mord begangen hatte, sollte einen großen Teil seiner Einzigartigkeit der Tatsache verdanken, dass die meisten Rollen von Bauern der Region gespielt wurden. Und jetzt habe ich mich entschlossen, in die Normandie zurückzukehren, um dort diesen Menschen, die für einen kurzen Moment ihres Lebens Schauspieler waren, wieder zu begegnen. Dreißig Jahre sind seitdem vergangen. (Nicolas Philibert)Einer der damals an René Allios Film Beteiligten erklärt Philibert mit bezaubernder Subtilität, wie die Mitspielenden für die Kamerafahrten Schienen legten, wenn sie sahen, wie die Crew daran ging, diese einzurichten. Einfach spontan, zur Verwirrung von Allio: «Nein, ihr seid hier Schauspieler.» Die Trennung wurde von den Bauern nicht akzeptiert, die arbeitstechnische, die gesellschaftliche insgesamt. Claude Hébert, der den Pierre spielte, blieb lange unauffindbar - erst kurz vor Drehschluss konnte Philibert ihn aufspüren. Er lebt nun in Haiti, als Missionar, und wenn er im Dorf eintrifft, ist das wie die Rückkehr des verlorenen Sohnes. In der gemeinsamen Arbeit am Film haben die persönlichen Beziehungen der «Akteure» mit den fiktiven zu etwas Neuem verschmolzen. Auch ein verlorener Vater wird schließlich wieder gefunden. Philiberts Vater hatte einen kleinen Part übernommen, den Justizminister, der beim König um Begnadigung für Pierre bat. Die Szene musste damals herausgenommen werden, aber nach langem Suchen hat Philibert sie gefunden. Nun kann er sie uns zeigen, zum Abschluss seiner persönlichen Recherche. (Fritz Göttler)