Jacques RivetteFrankreich, Italien 2007 / 137 min
Am 15. Februar 2009 steht Jeanne Balibar im Anschluss an die 11:00h Vorführung für ein Publikumsgespräch zur Verfügung.
Jacques Rivette hat eine Erzählung von Honoré de Balzac verfilmt, eine bittere Love Story aus der Zeit der Restauration nach 1815, und er konzentriert sich ganz auf das, wovon Balzac in düster strahlender Prosa erzählt: die tragische Geschichte zweier Menschen, denen es nicht gelingt, die Schranken ihres Charakters und ihrer Herkunft zu überwinden. Sie, die Herzogin von Langeais, ist eine verwöhnte Seele aus dem Faubourg St. Germain: reich, kokett und skrupellos aus Unerfahrenheit. Er, der General von Montriveau, hat in seinen Jugendjahren unter Napoleon gedient und später in Afrika nach den Nilquellen gesucht; er verkörpert die neue, romantische Sensibilität. Die Herzogin hält ihn hin, sie will geliebt werden, ohne sich selbst zu geben; Montriveau erträgt ihre Launen, bis er beschließt, den Spieß umzudrehen. Jetzt erkennt sie, was sie an ihm verloren hat. Aber es ist zu spät. (Andreas Kilb)Rivette interessiert, was im filmischen Raum passiert, erst vor der Kamera und dann am Schnittplatz: Wie er seine Akteure inszenieren kann, wie er sie im milden Kerzenlicht dahinschweben lässt, von der Kamera immer aus einer wohlbalancierten Halbnähe beobachtet, und wie sich der Gefühlsreigen im Walzertakt der Musik allmählich zum traumwandlerischen Spuk auswächst, das ist kunstvoll. Hier zeigt sich, wie sehr die Liebe mit ihren Projektionen und unsteten Affekten das perfekte Sujet für das Kino ist: als Trugbild. Dass diese Metamorphose bei Rivette gelingt, liegt an der Paarung von Balibar und Depardieu: Hier die zartgliedrige, umso kühler argumentierende Herzogin, dort der dunkel in seinem Begehren aufbrausende General. Nie geht ihnen die Symmetrie zwischen Aufwallung und Abweisung verloren, selten sind Partner auf der Leinwand dermaßen gleichwertig. (Harald Fricke)