Haile GerimaÄthiopien 1975 / 150 min
Im Mittelpunkt von Mirt Sost Shi Amit steht das Leben einer armen und hart arbeitenden Bauernfamilie im ländlichen Äthiopien. Der Film zeigt den ständigen Kampf der Besitzlosen gegen die Besitzenden. Einer dieser Besitzenden – die Verkörperung der ländlichen neokolonialen „Kommissions-Bourgeoisie, die nach innen herrscht und von außen beherrscht wird“ – wird auf seinem bequemen Sessel auf der Veranda sitzend und Befehle brüllend gezeigt, während die Familienmitglieder jeden Alters das Vieh hüten und die Felder pflügen, nur um dann einem „Menschenmord durch Armut“ (E. Galeano) ausgesetzt zu sein.
Doch die absichtlichen Missetaten des gierigen Großgrundbesitzers und des imperialistischen Ausbeutungssystems werden von dem enteigneten, weisen „Verrückten“ in seiner sorgfältig ausgearbeiteten Poesie der Revolution und Befreiung scharf beobachtet und kommentiert. Gedichte, die weit über eine rein oberflächliche oder rhetorische Funktion hinausgehen, denn wenn eine echte Dekolonisierung erreicht werden soll, „heißt Arbeit, am Tod des Besatzers zu arbeiten“. (F. Fanon)
Die beeindruckende Schwarz-Weiß-Fotografie von Gerimas epischer Erzählung entwickelt eine eigene Portrait-Kunst von Menschen und Landschaften, die von den Liedern und dem Gesang von Haile Gerimas erzählendem Vater Tafeka Gerima kraftvoll begleitet werden.
Mirt Sost Shi Amit (oder Harvest 3,000 Years) erhielt 1976 den Black Filmmakers Hall of Fame’s Oscar Micheaux Award für den besten Spielfilm, den Georges Sadoul Preis des Französischen Verbands der Filmkritiker.innen, den Outstanding Film Award des London Film Festivals, die Großen Preise des Internationalen Filmfestivals von Locarno in der Schweiz und des Internationalen Filmfestivals von Figueira da Foz in Portugal. Eine restaurierte Fassung des Films wurde im Mai 2006 auf den Filmfestspielen von Cannes als „Klassiker“ vorgestellt.