Flatform bezeichnet sich selbst als „collective artist“ und weniger als „artists collective“, zu sehr sind alle Schritte in der Entwicklung und Produktion neuer Projekte als gemeinsames Arbeiten definiert. Flatform wurde 2006 von ursprünglich drei Künstler*innen in Mailand gegründet, heute besteht der Kern aus Annamaria Martena und Roberto Taroni mit wechselnden Mitarbeiter*innen.
In ihren oft spielerisch anmutenden, aber präzise komponierten Filmen stellen sich Flatform, vertraute Wahrnehmungen von Landschaften aber auch von Erfahrungen von Naturgesetzen (wie dem Lauf der Tageszeiten) auf die Probe.
Man könnte die Arbeiten als durch-choreographierte Landschaftsportraits bezeichnen. Zum einen im Bezug auf die Menschen, die sich durch die Bilder bewegen, choreographiert werden aber auch die Landschaften selbst oder ihre Bestandteile, die sich aus gewohnten Raum- und/oder Zeitkontinuitäten herauszulösen scheinen.
Die Methode von Flatform ist ein Prozess der permanenten „Verschiebung“, um verschiedene Möglichkeiten der Potentiale der „erkundeten“ Landschaften auszuloten, aber auch, um daraus bio-politische Fragestellungen zu formulieren.
(Gerald Weber)
Keine Voranmeldung notwendig, Tickets sind bei der Kassa im Stadtkino erhältlich.
PROGRAMM
Filmvorführung mit anschließendem Gespräch mit Flatform
- Domenica 6 Aprile ore 11:42 / Sunday, 6th April, 11:42 am | 2008 | 6 min
"Wir verwandeln eine Ansicht in eine ästhetische Idee. Aber wir können uns einer Landschaft auch vor dem Malen oder nach dem Malen oder sogar unabhängig vom Malen bewusst werden. In einem gemeinsamen Raum gehören dem Menschen nur die Wege, die er gegangen ist. Die Einzigartigkeit einer Landschaft wird durch die Gesamtheit der Beziehungen definiert, die sie durchdringen, einschließlich der meteorologischen. Landschaften sind, wie Träume, etwas Persönliches. Aber sie sind auch sozial, denn sie sind voll von gemeinsamen Bedeutungen."
- 57.600 secondi di note e luce invisibile / 57.600 seconds of invisible night and light | 2009 | 5:25 min
“Wir haben 12 Personen gebeten, 4 identische Strecken im Laufe eines Tages und einer Nacht zu gehen, wobei sie immer versuchten, die Art und Weise des ersten Mals zu wiederholen. Während sie sich bewegten, konzentrierten sie sich auf ihre Schritte und ihren Rhythmus, und die Wiederholung immunisierte sie dagegen, einen Sinn in ihren Bewegungen sehen zu müssen. Sie bewegten sich, als wären sie von einem einzigen Gedanken verzehrt. Ohne zu wissen, wie die Zeit vergeht. Sie durchliefen die Nacht am Tag und mischten die Dunkelheit mit dem Licht.”
- Non si può nulla contra il vento / Cannot be anything against the wind | 2010 | 6:10 min Sequenzen von Standbildern einer typischen italienischen Landschaft, begleitet von landwirtschaftlichen Geräuschen und Naturklängen, schaffen eine virtuelle Klang- und Bildlandschaft. Die wechselnden Horizonte und visuellen Rhythmen laden uns ein, darüber nachzudenken, wie wir einen sich ständig verändernden Raum wahrnehmen, je nachdem, von welchem Punkt aus wir ihn betrachten.
- Movimenti di un tempo impossibile / Movements of an impossible time | 2011 | 8 min Der Film treibt ein ironisches Spiel mit dem Glauben des / der Betrachter*in an die chronologische Kohärenz einer scheinbar realistischen Szene und überrascht uns mit wiederholten Schleifen von One-Shots, die so zu einer illusionären Darstellung des Vergehens der Monate werden. Die Zeitrafferfotografie erlaubt unerwartete Sprünge oder ermöglicht es, die Höhen und Tiefen des Lebens durchzustehen.
- Quantum | 2015 | 8 min Lichtimpulse in den Momenten der Dunkelheit erzeugen Veränderungen im Erzählrhythmus: Wiederholung und Monotonie sind für uns ebenso notwendige Bedingungen für die Stärkung unserer Beziehung zur Realität wie die Bedingungen für die Ablenkung des Blicks. Monotonie ist in der Tat ursprünglich ein musikalischer Begriff, der die Dehnung einer einzelnen Note bezeichnet.
Die Dehnung einer einzelnen Note ist in "Quantum" der starre Blick auf eine Landschaft, die auf monotone Weise zu einem Architekturmodell wird.
- Un luogo a venire / A place to come | 2011 | 7.30 min Ein Mann mit zwei Hunden durchquert eine Landschaft. Ein Mensch wandert über einen Bergrücken und bleibt stehen, um die Skyline zu betrachten. Andere Menschen laufen, während sich die Natur in ihre Rätselhaftigkeit zurückzieht. In diesem Video entwickelt sich die Landschaft nicht nach einfachen Zeitkurven, sondern nach der besonderen Art der Passage eines Wetterelements: des Nebels.
A place to come ist ein Video über die wechselseitigen Bezüge zwischen der einfachen Beschreibung eines Ortes und seiner konkreten Darstellung.
- Quello che verrà è solo una promessa / That which is to come is just a promise | 2019 | 20 min In einer langen Sequenz über die Insel Funafuti wechseln sich die Zustände von Dürre und Überschwemmung fließend und ohne Unterbrechung ab. Seit einigen Jahren ist die Insel im Archipel von Tuvalu Schauplatz eines einzigartigen Phänomens: Aufgrund der unnatürlichen Erwärmung des Meeres steigt Salzwasser aus dem Boden, fließt durch die Poren des Landes und überflutet es, wodurch die Zukunft des Lebens auf der Insel gefährdet wird.
- Storia di un albero / History of a Tree | 2020 | 24 min „History of a Tree ist ein Porträt, und das Motiv ist sowohl ein lebender nicht-menschlicher Organismus als auch das Gebiet, in dem er seit langem lebt. Das Werk hat den Wunsch, Teil der Porträtgeschichte zu werden, die ein grundlegender Bestandteil der gesamten Kunstgeschichte ist, wobei jedoch das Wesen des Subjekts, die Entwicklungsmethoden und die Ausdruckstechnik des Porträts umgeschrieben werden. In diesem Projekt ist das Subjekt ein nicht-menschlicher Organismus, der durch bewegte Bilder und Töne dargestellt wird, die vorort aufgezeichnet wurden und das porträtierte Subjekt als idealen Zeugen von fast tausend Jahren Geschichte eines ganzen Gebiets zeigen.“