Christiana Perschon
Christiana Perschon ist eine österreichische Filmemacherin und Künstlerin. Sie studierte mit Schwerpunkt Kunst und Medien/Film an der Akademie der bildenden Künste Wien. Vor ihrem Studium sammelte sie mehrjährige Berufserfahrung als Redakteurin und Gestalterin beim ORF. Sie ist zudem Mitglied des Wiener Video- und Kunstkollektivs Golden Pixel Cooperative. In ihren Filmen setzt sich Perschon intensiv mit feministischen Perspektiven auseinander und erforscht die Arbeiten und Persönlichkeiten von Künstlerinnen. Ihr Dokumentarfilm „Sie ist der andere Blick“ porträtiert zentrale österreichische Kunstpionierinnen wie Renate Bertlmann, Linda Christanell und Margot Pilz. Für ihre Arbeit erhielt Perschon mehrere Auszeichnungen, darunter den Österreichischen Kurzfilmpreis bei Vienna Shorts für „Noema“ (2014), den Theodor-Körner-Preis in der Sparte Bildende Kunst (2018) und den Diagonale-Preis für Beste Bildgestaltung im Dokumentarfilm für „Sie ist der andere Blick“ (2018). 2022 wurde ihr der Österreichische Kunstpreis in der Sparte Film verliehen, und 2024 erhielt sie den Erste Bank Kunstpreis.
Freies Kino
Dienstag, 25. März 2025
20:00 Uhr
Freier Eintritt, Zählkarten an der Abendkassa
Eine Veranstaltung vom Künstlerhaus
Programm:
Ghost Copy (AT 2016, 2min)
Zwischen Schwarzkadern blitzen figurative Bilder auf – von Gesten und Blicken. Darüber eine Soundmontage aus Gesprächsfetzen, Störgeräuschen, Atmen und Lachen. Das Kompositionsprinzip von Ghost Copy gründet auf dem auf 8mm-Film dokumentierten "Wiener Spaziergang" (1965) von Günter Brus. Im Rhythmus dieses Werks montiert Christiana Perschon zwischen 1935 und 1965 von österreichischen Amateurfilmer_innen aufgenommenes analoges Found Footage mit digitalen Tonfragmenten von Smartphone- Uploads aus dem Internet. Die Synthese aus Artefakten der Vergangenheit und der Gegenwart schafft einen Raum, in dem Zeit-Geist und Menschen-Bilder gespensterhaft in Erscheinung treten. (Michelle Koch)
Abstillen (AT 2023, 5min)
Hier ist der Punkt, an dem du aufhörst und ich anfange. Stillzeit. Sie hält fest, sie nimmt auf, sie trägt Sorge: die Kamera als Spurenleserin der radikalen Intimität wie auch Entfremdung vom eigenen Körper. Die transformative Erfahrung endet mit Abstillen, da wo die nährende Substanz auf meine Kameralinse trifft.
Double 8 (AT 2016, 3 min)
Zwei Handkameras, zwei Rollen Doppel-8-Material, vier Kader: Zwei Künstlerinnen aus unterschiedlichen Generationen des österreichischen Avantgardefilms begegnen sich. In Double 8 wird ein Bedürfnis nach Austausch mit der Geschichte des Films und seiner Macherinnen spürbar: als gleichzeitiges Blicken und Angeblicktwerden. In ihrer filmischen Begegnung nehmen sich Christiana Perschon und Linda Christanell gegenseitig in den Blick, agieren zugleich als Filmende und Protagonistinnen miteinander. Zu zweit, mit je einer Kamera, entstehen so vier Bilder, die – im Split Screen auf der Leinwand angeordnet – den visuellen Vergleich nahelegen: Was ähnelt sich und worin? Wo entstehen Brüche? Wie verhalten sich die Gefilmten und die Filmenden zueinander?
(Michelle Koch)
Friedl (AT 2023, 3min)
Das performative Erkunden eines Miteinanders beseelt die Sekunden, in denen sich vom Gröller beim Anzünden und Rauchen einer Zigarette auf Film bannen lässt, verstärkt wird dieses Miteinander durch vom Gröllers Geschwisterfilm Ich will nicht gefilmt werden, sondern selber filmen, in dem sie die Begegnung mit Perschon aus ihrer Sicht festhält. Eine einzige Frage darf Perschon stellen, so mag es die strenge Ironie der Porträtierten. Die Frage hängt an der Stille, die durch die filmischen Arbeiten vom Gröllers weht. Es ist dieselbe Stille, geheimnisvoll und dem Bild zur Kraft verhelfend, die auch Perschons Nahaufnahme der Künstlerin befällt. (Patrick Holzapfel, gekürzt)
Sekundenarbeiten (AT 2021, 14min)
Bewegung ist das zentrale Moment in der Begegnung mit der bildenden Künstlerin Lieselott Beschorner, Jahrgang 1927. Impulszeichnungen entstehen in der Laufzeit der Kamera, bevor das Federwerk erneut aufgezogen wird. Mit Kohlestift, Zeichenpapier, Bolex-Kamera, 16mm-Film und für die Dauer einer Geste teilen wir mit unterschiedlichen Bildträgern eine Bildoberfläche.
Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach (AT 2023, 12min)
In ihrem neunzigsten Lebensjahr setzt sich die Malerin und Zeichnerin Florentina Pakosta für den Kamerablick vor den Spiegel, der Jahrzehnte lang als Werkzeug für ihre Selbstbildnisse diente. So wie Pakostas Zeichnungen damals als Beweis ihrer Existenz entstanden sind, hält die filmische Begegnung nun die Gesten und Blicke im Spiegelbild der bildenden Künstlerin als performativen Akt der Selbstvergewisserung fest. Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach ist Teil eines Filmzyklus, der Denk- und Arbeitsweisen einer in Wien lebenden älteren Künstlerinnengeneration aufgreift und ein performatives Archiv in Bewegtbildern schafft.
Bildwerden (AT 2022, 10min)
Isolde Maria Joham – die Frau im Bild – steigt auf ein Rollgerüst. Ganz sachte nimmt sie eine Stufe nach der anderen, bis sie fast ganz oben steht, dann streckt sie ihren Daumen hoch und blickt verschmitzt lächelnd in die Kamera. In streng kadrierten Bildausschnitten zeigt Christiana Perschon die 90jährige Künstlerin, wie sie dieses Gerüst performt, immer wieder durch seine Verstrebungen hindurch in die Kamera blickt. So zart und zerbrechlich Joham wirkt, sosehr beherrscht sie noch immer dieses Werkzeug, mit dem sie in all den Jahren umzugehen gelernt hat. Ihre Gemälde sind auch noch da, jedoch im Hintergrund. Sie umfangen die Künstlerin und ihr Gerüst gleichsam als zweiter Rahmen – den dritten bildet die Kadrage Perschons. Dabei kommt es zu wunderbaren Überlagerungen und Korrespondenzen zwischen der Künstlerin und ihrem Werk. So wird sie etwa einmal beinahe zu jenem Roboter, der metallisch und doch fragil hinter ihr ein Feld von üppigen Blumen durchwandert. (Claudia Slanar)
Noema (AT 2014, 29min)
Die 93 Jahre alte Malerin Tatjana Gamerith verliert langsam ihr Augenlicht. Ihre Linienführung verläuft nun intuitiv und mehr aus der routinierten Hand als über das Sehen, da sie ihren Blick nicht mehr auf einen Punkt konzentrieren kann. Blicke werden zu Berührungspunkten, wenn die Kamera Gesten der Malerin einfängt. Lichtritzen, die Tageszeit filtern, begleiten Gedankengänge und lassen die Brüchigkeit von Realität und Zeit spürbar werden. Noema spielt mit Wirklichkeitsvorstellungen und markiert Sinneseindrücke. Grenzen des Abbildbaren und des Imaginären werden dabei unscharf gezeichnet und verschwimmen.