Alexander Kluge, Volker Schlöndorff, Alf Brustellin, Bernhard Sinkel, Rainer Werner Fassbinder, Katja Rupé, Hans Peter Cloos, Edgar Reitz, Maximiliane Mainka, Peter Schubert, Hans Peter KloosDeutschland 1978 / 119 min
Deutschland 1977 nach der Schleyer-Ermordung, nach Mogadischu und nach dem Tod der Stammheim-Häftlinge in einem gemeinsamen Film von acht deutschen Regisseuren. Deutschland im Herbst — der Titel läßt an Heinrich Heines Gedicht „Deutschland, ein Wintermärchen" denken. Und das ist sicher auch so beabsichtigt. Heine schrieb sein berühmtes Zeitgemälde im Anschluß an eine Reise, die er im Oktober 1843 von Paris nach Hamburg machte. Im „Kaputt II" des „Wintermärchens" sagt er über das geistige Klima im damaligen Deutschland: ...die äußere Einheit..., die sogenannte materielle; die geistige Einheit gibt uns die Zensur, die wahrhaft ideelle."135 Jahre später fanden sich — auf Anregung des Filmverlags der Autoren — acht Filmregisseure der BRD zusammen, um über das politische und geistige Klima in ihrem Land nach den Oktober-Ereignissen von 1977 zu reflektieren. Und nicht ohne Anlass weisen die Filmemacher darauf hin, dass sie für dieses Vorhaben, „die Möglichkeiten des frei produzierten Kinofilms nutzen" wollten.
Unter dem Eindruck einer weit verbreiteten Terroristen-Hysterie, einer undifferenzierten Sympathisanten-Verfolgung, einer drohenden Kriminalisierung jeglicher Kritik an den bestehenden Verhältnissen, einer allgemeinen Überwachungs- und Zensurangst, vor allem aber aus Furcht vor der unheiligen Allianz von Terrorismus und Faschismus, entstand dieser Film. Alexander Kluge: „Herbst 77, das sind ja sehr verschiedene Ereignisse. Und hier gehört ein Elefantengedächtnis her; von diesem Herbst ist überhaupt nichts zu vergessen ... In welchem Land leben wir? Wie kommt es, daß unser Land solche Produkte hervorbringt, nämlich die Perfektion von Mogadischu auf der einen Seite, und auf der anderen Seite sind in Stammheim Pistolen zur Hand, existieren Nachrichtensysteme usw. Das System der deutschen Tüchtigkeit, die Geschichte des deutschen Schicksals, damit müssen wir uns befassen. Ich habe ein antirealistisches Motiv, ich kann die Realität, so wie es ist, eigentlich nicht akzeptieren. Und ich glaube, daß die Mehrheit der Bevölkerung weder das, was die Terroristen tun, noch das, was die Regierung tut, billigt... Unsere Phantasie muss sich an dem orientieren, was die Mehrheit tut."