Kokon


Jahrhundertsommer in Berlin-Kreuzberg. Im multikulturellen Mikrokosmos rund um das Kottbusser Tor bahnt sich die 14-jährige Nora ihren Weg durchs Erwachsenwerden. Während die Hitze auf ihrer Haut klebt, bekommt sie zum ersten Mal die Periode, entdeckt ihre Liebe für andere Mädchen und lernt die wilde Romy kennen. Mit ihr wirkt die Welt plötzlich endlos groß und voller verborgener Schönheit, der Park wird zum Dschungel, das Freibad zum Meer. Nora lernt, zu sich zu stehen und traut sich endlich Wege abseits der Clique ihrer älteren Schwester Jule zu gehen. Doch wie kann Nora ihren Blick für all diese Schönheit bewahren, nachdem ihr zum ersten Mal das Herz gebrochen wurde?

In ihrem zweiten Film „Kokon“ erzählt Regisseurin und Drehbuchautorin Leonie Krippendorff in sinnlichen Bildern eine authentische Berliner Coming-of-Age-Geschichte über aufkeimende Gefühle, sexuelles Erwachen und die erste große Liebe. Neben Newcomerin Lena Urzendowsky begeistern Kinostar Jella Haase („Fack ju Göhte 1-3“), die bereits in Krippendorffs preisgekröntem Langfilmdebüt „Looping“ die Hauptrolle gespielt hat, und Lena Klenke („How to Sell Drugs Online (Fast)“). Ein Film über wilde Mädchen, die sich von den Körperbildern der allgegenwärtigen sozialen Netzwerke emanzipieren und erst so herausfinden, wer sie sein wollen.

Beatrix


Es ist nicht ungewöhnlich, wenn von Filmen behauptet wird, dass sie einen intimen Einblick in das Leben ihrer Protagonist*innen geben würden. Damit ist oft eine psychologische oder körperliche Nähe gemeint. Im Fall von BEATRIX wird Intimität weitergeführt, sie wird so weit gedacht, dass man sich fragen muss, was Intimität eigentlich ist.

BEATRIX zeigt einen weiblichen Körper. Es ist der Körper einer jungen Frau, die einige Zeit allein in einem Haus verbringt. Mehr erfährt man nicht. Sie kümmert sich ein bisschen um das Haus, langweilt sich, telefoniert und bekommt Besuch. Man denkt an die frühen Filme von Chantal Akerman und spürt eine ähnliche Fremdheit im Privaten. Die beiden Filmemacherinnen laden ein, Zeit mit einem Menschen zu verbringen. Nur dass diese Zeit nicht genutzt wird, sie wird verlebt, erduldet, erschöpft. Es geht um nicht weniger, als das unsichere Gefühl lebendig zu sein.

Alles was sonst dem Blick entwischt, wird ganz gegenwärtig. Dringlichkeit und ennui vereinen sich in einer kompromisslosen Auseinandersetzung mit dem Dasein einer jungen Frau. (Patrick Holzapfel)

In Flames


Mariam lebt mit ihrem jüngeren Bruder und ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung in Karatschi. Als Mariams Großvater stirbt, versucht dessen Bruder, die beiden Frauen mit allen Mitteln dazu zu überreden, ja zu zwingen, ihm ihre Wohnung zu überschreiben – eine Praxis, die in Pakistan, einem Land ohne gesetzlich klar verankerte Eigentumsrechte von Frauen, leider allzu häufig vorkommt. Enttäuscht von der defensiven Haltung der Mutter verbringt Mariam mehr und mehr Zeit mit ihrem Studienkollegen Asad. Mariam ist ausgelassen und entschließt sich, mit Asad einen Ausflug zu unternehmen. Er endet traumatisch. Von überbordenden Schuldgefühlen geplagt überfallen Mariam entsetzliche Albträume, die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits scheinen allmählich zu verschwimmen… Zarrar Kahn verwebt in seinem ersten Langfilm mit leichter Hand Bausteine des Horrorkinos mit feministischer Kritik an der pakistanischen Gegenwartsgesellschaft, ohne je ins Dozieren zu verfallen. Vielmehr erzählen die Bilder von (gesellschaftlich reglementierten) Räumen und die Blicke und Gesten der Menschen, die sich in ihnen bewegen, viel beredter als jeder wortreiche Dialog. Dass das Patriarchat blanker Horror ist, hat ein Film selten gekonnter formuliert.

City of Wind


Gleich mit dem ersten Bild von Purev-Ochir Lkhagvadulams Erstlingswerk sind wir hineingeworfen in die – wie sich im Weiteren herausstellen wird – höchst widersprüchlichen Welten von Ze (großartig: Bold-Erdene Tergel), der Hauptfigur des Films, der mit seinen 17 Jahren noch die Schulbank drückt, zugleich aber als Schamane für das Wohl und Wehe der Bewohner*innen seines gesamten Dorfes zuständig ist. Seine spirituellen Obliegenheiten sind zahlreich und die regelmäßige rituelle Verbindung mit den Wesenheiten des schamanischen Universums zeitraubend und psychophysisch aufwändig. In der Schule wiederum geht es um strenge Lehrerinnen, Handys, Freund*innen und aufkeimendes sexuelles Begehren. Kurz: um die Welt ‚da draußen‘, jenseits der Enge von Familie, dörflichem Leben und schamanischem Alltag. Als Ze sich für eine junge Frau zu interessieren beginnt, wiegen die Verlockungen von Disco und weiter Ferne plötzlich um einiges schwerer. Ob und wie das alles noch unter einen jugendlichen Hut gehen kann – oder eben nicht, davon handelt dieser Film in Bildern, die eine Weite atmen und zugleich eine Intimität in den Beobachtungen der Menschen verströmen, dass es eine wahre Freude ist.

All Shall Be Well


Angie und Pat leben seit 30 Jahren zusammen in einer schönen Wohnung in einem der besseren Viertel Hongkongs. Sie haben sich hochgearbeitet und konnten sich als inzwischen gut situiertes lesbisches Paar die Wohnung irgendwann kaufen. Jetzt sind sie in ihren 60ern und genießen das Leben. An Feiertagen kommt Pats Familie zu Besuch. Es wird gegessen, gelacht und gefeiert. Ja, es sieht ganz so aus, als habe Pats Familie Angie längst als Familienmitglied angenommen. Als Pat in der Nacht völlig unerwartet stirbt, stehen Angie nicht nur ihre Freund*innen, sondern auch Pats Familie zur Seite. Doch nach und nach schleichen sich ökonomische Überlegungen ein, alle Mitglieder von Pats Familie sind finanziell ziemlich mies dran, „da wird es ja wohl erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass als alleinige Besitzerin der Wohnung die verstorbene Pat eingetragen ist“ – und wo biologische Familie ist, nunmal biologische Familie bleibt… Angie hat, wie sich herausstellt, keinerlei rechtlichen Anspruch darauf, in der Wohnung zu bleiben. Was folgt, ist eine schrittweise, zutiefst schmerzhafte Entfremdung, aus der allerdings der unbändige Wunsch nach Befreiung entsteht – nicht zuletzt aufgrund der Solidarität, die Angie in ihrem Freund*innenkreis begegnet.

Wie zuvor in Suk Suk beobachtet Ray Yeung mit feiner Präzision einen weiteren Aspekt des oftmals so prekären Alltags (älterer) queerer Communities in Hongkong. Mit der Figur der Angie hat er – nicht zuletzt dank der hinreißenden Performance von Patra Au Ga Man – dafür eine leise, sehr, sehr charismatische lesbische Heldin geschaffen.

Parama: A Journey with Aparna Sen


Als Tochter des großen bengalischen Kritikers, Filmemachers und Übersetzers Chidananda Das Gupta schien der späteren Schauspielerin und Regisseurin Aparna Sen das Kino bereits in die Wiege gelegt. Mit sechzehn Jahren wirkte sie das erste Mal als Schauspielerin in einem Film mit, Satyajit Rays Beitrag zu dem Omnibuswerk Teen Kanya (1961). In den 1970ern zählte sie dann zu einer der wichtigsten Figuren im Bengali- und Hindi-Kino, sowohl im mehr künstlerisch orientierten als auch im kommerziellen Kino. 1981 drehte sie mit 36 Chowringhee Lane, in dem es um den Alltag einer älteren alleinstehenden Frau im Kalkutta der 1970er Jahre geht, ihren ersten eigenen Spielfilm. Heute, fünfzehn Filme später, ist sie eine der größten Regisseurinnen der Geschichte des indischen Kinos.

Suman Ghoshs filmisches Portrait widmet sich weniger den biographischen Stationen in Sens Leben als vielmehr ihrem filmischen und politischen Schaffen als Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin und nicht zuletzt Herausgeberin von Sananda, dem ersten feministischen Film- und Lifestyle-Magazin in Bengali. Besonders ausführlich zu Wort kommen, neben Aparna Sen, ihre Filme – und ihre Tochter Konkona Sen Sharma, selbst vielfach ausgezeichnete Schauspielerin und Regisseurin: Hier wird, von Generation zu Generation, feministische Filmgeschichte geschrieben!

All the Long Nights


OPENING NIGHT RED LOTUS 2024!

Misa ist eine eher stille Person, es sei denn, ihr krass ausgeprägtes prämentruelles Syndrom macht ihr wieder einmal einen Strich durch die Rechnung und sie hat, überwältigt von allen möglichen wilden Gefühlen, einen ihrer ‚Momente‘. Takatoshi wiederum treiben Symptome einer Angststörung um. Die Psychopharmaka, die er nimmt, helfen nur bedingt weiter. Die beiden begegnen einander in einer kleinen Firma, die Mikroskop-Erlebniswelten und Miniatur-Planetarien für Kinder vertreibt. Auch der Chef des Unternehmens ist mit emotionalen Herausforderungen konfrontiert, die er in einer Selbsthilfegruppe für Menschen in Trauer zu bearbeiten sucht. Es ist ein ungemein zärtlicher Film, den Miyake Sho auf der Grundlage des gleichnamigen Romans von Seo Maiko entwickelt hat, behutsam fotografiert (Kamera: Tsukinaga Yuta) und von filigranen Klängen aus DJ Hi’ Specs Werkstatt getragen. Ein postmodernes Märchen, in dem es allerdings um nichts weniger geht als die Suche nach Solidarität und liebevollem Miteinander. 119 Minuten lang. Nachhaltig bezaubernd und total unverzichtbar.

The Goldfinger


CLOSING NIGHT RED LOTUS 2024!

Felix Chongs The Goldfinger, nicht zuletzt eine Hommage an Tony Leung und Andy Lau, die hier ihre Rollen als Leinwandgegner aus Infernal Affairs mit einer Lust am Spiel wieder aufnehmen, die dir Tränen des Vergnügens in die Augen treibt, ist ein Funken sprühender Blockbuster über einen legendären Finanzskandal im Hongkong der frühen 1980er Jahre. Benko in Hongkong sozusagen, nämlich die Geschichte der Carrian Group, einem Firmenkonglomerat, das in kürzester Zeit zu ungeahnten Höhenflügen aufstieg, bevor es unter Betrugsvorwürfen und dem mysteriösen Mord an einem Wirtschaftsprüfer in sich zusammenfiel.

Ein hochspannender Krimi mit einigem Augenzwinkern, keine einzige Sekunde zu lang, zu oppulent oder zu verrückt, der das Publikum mit den verschlungenen Pfaden seiner Geschichte und seinen hypnotischen Charakteren auf Trab hält. Wir haben mehr als ein Jahr daran gearbeitet, die Österreichpremiere des Films präsentieren zu können. Jetzt ist es soweit: großes Kino, es wird ein Fest!

The Great Phuket


Li Xing ist 14 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter und seinem Stiefvater in Kunming, einer Stadt, die mit postindustrieller Transformation zu kämpfen hat. Seine Mutter will aus The Great Phuket, dem einzigen erhaltenen Gebäude in einem Viertel, das gerade umfassend umgebaut wird, partout nicht ausziehen. Li wiederum kämpft darum, seinen Platz in der der Schule zu finden und hat nur einen einzigen Freund, dem er sich anvertrauen kann. Dass er in das beliebteste Mädchen der Schule verliebt ist, macht alles auch nicht grad einfacher. Am liebsten streift er als eine Art linkischer Flaneur durch die Niemandslande ‚seines‘ Großstadtdschungels – und findet schließlich einen Zufluchtsort in den labyrinthischen unterirdischen Gängen des alten Kunming, wo sich seltsame Dinge zutragen… 

In seiner großartigen filmischen Erzählung über The Great Phuket verwebt Liu Yaonan geschickt die physische Landschaft eines sich rasch verändernden Ortes mit dem emotionalen Terrain jugendlicher Träume und Sehnsüchte. Während die Figuren durch ihre komplexe äußere Umgebung navigieren, die von Kräften geprägt ist, die sich ihrer Kontrolle entziehen, bahnt sich jede von ihnen ihren eigenen Weg und entdeckt inmitten der Ungewissheit, ja Unbehaustheit ihre eigene innere Stärke.

Day Off


A-rui (Lu Hsiao-fen) ist Frisörin aus Leidenschaft, sie betreibt ihr altmodisches Geschäft seit mehr als 40 Jahren und kennt ein Gutteil ihrer Klientel auch schon eine ganze Weile. Sie weiß von den meisten Kund*innen, was genau sie wollen – und ruft sie gerne auch an, um sie an ihren (längst) fälligen Haarschnitt zu erinnern. Und ehrlich, schon beim ersten Blick in ihren Salon ist evident, dass einfach niemand ihrem Charme widerstehen kann. Als einer ihrer ältesten Kunden nicht zu seinem allmonatlichen Haarschnitt erscheint, beschließt sie, sich auf den Weg zu machen, um nach ihm zu sehen. Der Weg ist weit, und sie war schon lange nicht mehr allein mit dem Auto unterwegs, gleichwohl zögert sie keine Sekunde, sondern packt ihr Haarschneide-Besteck zusammen und fährt auch schon los. Was folgt ist ein waschechtes Feelgood-Roadmovie, das noch jeder Zuschauer*in ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat. Nach 23 Jahren Pause endlich wieder auf der Leinwand zu sehen, ist Lu Hsiao-fens betörende Performance als Frisörin A-rui zugleich jedoch ein flammendes Plädoyer gegen jede Form von Altersdiskriminierung, seien es manifeste gesellschaftliche Ausschlüsse, (negative) Erwartungen in den Köpfen der anderen – oder auch nur die eigenen Vorstellungen davon, was ‚angemessen‘ oder erstrebenswert ist.

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